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Erklärung des Bürgerrates zum Runden Tisch „Steinhalle“

Mehr Demokratie wagen – aber nicht durch Verdrängung kulturellen Erbes in
der Steinhalle des Landesmuseums

Seit 2016 nutzt der Landtag von Rheinland-Pfalz die sogenannte Steinhalle des
Landesmuseums Mainz als Ausweichquartier für seine Plenarsitzungen, da das historische Landtagsgebäude, das Deutschhaus, zu sanieren war. Der größte Teil der international bedeutenden Sammlung römischer Steindenkmäler wurde zuvor aus der Steinhalle ausgeräumt, damit der Plenarsaal und eine Lobby für den Landtag installiert werden konnten.

Einen sehr beträchtlichen Teil dieser römischen Steindenkmäler hat der Mainzer
Altertumsverein erworben und 1910 der Stadt übergeben. Das Land präsentiert diese
Sammlung (seit 1967 als Dauerleihgabe der Stadt) im Landesmuseum, darunter befinden sich so einzigartige Denkmäler wie der Grabstein des Mainzer Reeders Blussus und seiner Frau Menimane, der repräsentative Bogen des Ratsherrn Dativius Victor und die große Jupitersäule zu Ehren des Kaisers Nero.

Anders als ursprünglich zugesagt, will der Landtagspräsident nach der 2021 abgeschlossenen Sanierung des historischen Landtagsgebäudes die Steinhalle nicht wieder dem Landesmuseum Mainz zurückgeben, sondern auch zukünftig als Veranstaltungsort zur Vermittlung von Demokratie nutzen, wodurch das Landesmuseum Ausstellungsflächen in erheblichem Umfang verlöre.

In der Sorge, dass hier zwei wichtige politische Aufgaben in einer demokratischen Gesellschaft gegeneinander ausgespielt werden: einerseits der umfassende Erhalt kulturellen Erbes eines nahezu einzigartigen und international bedeutsamen Ensembles der „Steinhalle“ des Landesmuseums mit der Sammlung von antiken, frühchristlichen und den künftig hoffentlich noch stärker berücksichtigten jüdischen Denkmälern,
andererseits die Präsentation, Bewahrung und Vermittlung von Demokratie, begriffen als „Reallabor Demokratie“ setzen sich die Unterzeichner daher sehr entschieden für die folgenden Ziele ein:

1) Entfernung des Plenarsaalgestühls und der die Steinhalle in zwei Hälften trennenden
Zwischenwand, da die Raumwirkung der ca. 1.200 qm großen Steinhalle, der
historischen Reithalle des kurfürstlichen Marstalls, durch diese Einbauten in
erheblicher Weise beeinträchtigt wird und das Plenargestühl mehr als die Hälfte der
Ausstellungsfläche belegt,

2) eine umfassende, weiterentwickelte Präsentation der international bedeutenden,
nördlich der Alpen einzigartigen Sammlung römischer Steindenkmäler aus Mainz in der
Steinhalle als einem Ort, an dem das Römische Mainz in seiner Vielfalt und einmaligen
Dichte erlebbar ist, für Mainzerinnen und Mainzer, Mainz-Besucher*innen und die
internationale Forschung,

3) die Wiedereröffnung der seit 2004 geschlossenen Archäologischen Sammlung mit
wertvollen Beständen aus der Vorgeschichte, der Römerzeit und dem Mittelalter, die
Ausstellung von römischen Neufunden sowie die Wiedereröffnung der Prinz-JohannGeorg-Sammlung,

4) eine angemessene Präsentation auch der weiteren bedeutenden Museumsbestände,
die die menschliche Kunst- und Kulturgeschichte von der Steinzeit bis zur Gegenwart
umfassen, bei der kein Bereich zugunsten anderer Bereiche geopfert werden darf,

5) das Museum mit seinen vielfältigen Sammlungen als unentbehrlichen und aktuellen
Ort kulturpolitischer Weiterbildung für die Kunst- und Kulturgeschichte, insbesondere
auch für die Landesgeschichte ideell, aber auch räumlich und personell zu stärken.

Die Unterzeichner begrüßen die Initiative des Landtagspräsidenten zur Stärkung der
Demokratie. Allerdings darf das Landesmuseum Mainz, das in den letzten 20 Jahren bereits erhebliche Ausstellungsflächen verloren hat, nicht dafür genutzt werden, im Gegenteil die kulturellen Verluste würden der Umsetzung eines Demokratie-Labors eher schaden.
Wir plädieren dafür, das Demokratie-Labor an einem anderen, hierfür besser geeigneten Ort entstehen zu lassen und gemeinsam mit Trägern der historisch-politischen Bildung wie dem Haus des Erinnerns – für Demokratie und Akzeptanz Mainz, der Landeszentrale für politische Bildung und weiteren Konzepte zu entwickeln, die einer Stärkung der Demokratie (auch im Sinne von Bildungs- und Präventionsarbeit) wie der Wertschätzung von Lernorten der Demokratie dienen können.

Unterzeichner
Deutsche Gesellschaft für Demokratiepädagogik e.V., Landesverband Rheinland-Pfalz
Förderverein Stadthistorisches Museum Mainz e.V.
Stiftung Haus des Erinnerns – für Demokratie und Akzeptanz Mainz
Initiative Römisches Mainz e.V.
Institut für Kunstgeschichte und Musikwissenschaft JGU
Institut für Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie JGU
Mainzer Altertumsverein e.V.
Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz e.V.
Römisch-Germanisches Zentralmuseum, Leibniz-Forschungsinstitut für Archäologie
Verband der Geschichtslehrer Deutschlands e.V., Landesverband Rheinland-Pfalz
Verein der Freunde des Landesmuseums e.V.
Verein für Sozialgeschichte Mainz e.V.

Mainz, den 26.05.2021