MAINZ – Knapp zwei Wochen nachdem die AZ über den desolaten Zustand des Römischen Theaters berichtet hatte, kommt Bewegung in das Thema. Bau- und Denkmaldezernentin Marianne Grosse hat am Donnerstag ein Sechs-Punkte-Programm angekündigt, mit dem das große antike Erbe, das sich im Besitz der Stadt befindet, saniert und aufgewertet werden soll.
„Das ist keine Kür, das ist Pflicht!“, sagt dazu Mäzen Stefan Schmitz, von dessen Hilfe unter anderem schon St. Christoph, St. Stefan, das Kürfürstliche Schloss oder die Rheintore profitieren konnten, und der sich auch beim Römischen Bühnentheater engagieren will. „In möglichst kurzer Zeit“ sollten die Reste des ehemals größten Bühnentheaters nördlich der Alpen saniert und damit erhalten werden. „Die Steine zerbröseln“, sagt Schmitz.
Kosten werden auf ein bis zwei Millionen Euro geschätzt
Aber Grosse macht auf der Pressekonferenz deutlich, dass das alles dauern kann, verweist auf verschärfte Bestimmungen bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen. Europaweit müsse die Suche nach einem Planungsbüro jetzt ausgeschrieben werden. Es gehe schließlich nicht nur um ein Konzept für die Sanierung der 30 Pfeilerstümpfe und der Radialmauern im Halbrund des Theaters. Es solle auch eine „Wegebeziehung“ durch das Areal geschaffen, eine künftige Bespielbarkeit hergestellt werden. Gedacht sei an ein Besucherzentrum und eventuell auch daran, die Kasematten unter den Gleisanlagen der Bahn begehbar zu machen. Die Barrierefreiheit von der Oberstadt aus, ein 1,6 Millionen-Projekt mit Aufzug und Ausguck, ist bereits beschlossen.
Die Kosten für die Gesamtsanierung des Bühnentheaters werden auf ein bis zwei Millionen Euro geschätzt. 350.000 Euro stünden der Gebäudewirtschaft Mainz (GWM) im Jahr für Denkmalpflege zur Verfügung. Sie werde, so Marianne Grosse, „vorschlagen, dass der Schwerpunkt auf das Römische Bühnentheater gelegt wird.“ Und sie erwähnt, dass die Stadt seit 2008 immerhin 1,1 Millionen Euro für das Römische Bühnentheater aufgewendet habe.
„Lebendiges Theatererlebnis“ soll ermöglicht werden
Schmitz erinnert die Dezernentin daran, dass das renommierte Berliner Planungsbüro Klessing schon von 2002 bis 2010 im Auftrag der GWM mit Projektentwicklung und Sanierung „des äußerst wertvollen Objekts“ tätig gewesen sei – bis der Kontakt abgerissen sei. Dr. Hans Marg, als stellvertretender Vorsitzender der Initiative Römisches Mainz (IRM) der Experte der Runde: „Wir waren besorgt, weil so lange nichts passiert ist.“ Und er erinnert daran, dass die IRM schon vor 15 Jahren darauf hingewiesen habe, wie wichtig es sei, den ehemaligen Zuschauerraum und die Bühne, die Orchestra, wieder zugänglich zu machen und die historische Beziehung zwischen Drususstein und Theater zu verdeutlichen.
In einem Informationspavillon mit Schauwerkstatt sollte ein „lebendiges Theatererlebnis“ ermöglicht werden. Ganz deutlich wird Marg, als es um das Engagement der Stadt geht: „Wenn man etwas ergräbt, besteht auch die Verpflichtung zur Erhaltung – aber die letzte Konservierung ist Jahre her.“
In Trier ist Land Hauptträger der Erhaltungsmaßnahmen
Schließlich ist Architektur-Professor Emil Hädler, der sich gemeinsam mit seinen Hochschul-Studenten schon vor Jahren visionär mit der Zukunft des Römertheaters befasst hat („Gedacht worden ist schon ganz viel“), derjenige, der auf eine Ungleichbehandlung verweist. In der Römerstadt Trier sei das Land Hauptträger der Finanzierung von Erhaltungsmaßnahmen von antiken Relikten, „aber Mainz ist die bedeutendere Stadt, hier muss ebenfalls das Land einspringen, es darf nicht aus der Verantwortung entlassen werden.“
Marianne Grosse widerspricht nicht, aber: „Gespräche mit dem Land können erst geführt werden, wenn das Konzept vorliegt.“ Das könnte bis Juni der Fall sein, schätzt die Dezernentin vorsichtig. Dann müsse der Stadtrat entscheiden. Stefan Schmitz ist sichtbar unzufrieden mit dem genannten Zeitrahmen. Das Quartett Grosse, Schmitz, Hädler und Marg will im konstruktiven Gespräch bleiben.
Von Bernd Funke, Allgemeine Zeitung, 19. Januar 2018